Moderne Urologie

Drahtseilakt zwischen Kosten und Nutzen

Von Alexandra Grossmann · 2015

 Mann hält eine Schot auf einem Segelboot

Zur Urologie zählen viele verschiedene Teildisziplinen der Medizin. Beim Mann sind diese vor allem die Genitalien und die Organe des Harntrakts. In dem breiten Spektrum zwischen Prostata- und Harnwegserkrankungen, Tumoren und Steinen in Nieren oder Harnleiter werden moderne Untersuchungsmethoden und Möglichkeiten der Therapie ständig weiter entwickelt.

Generell gilt, dass die moderne Urologie nicht mehr nur eine möglichst rasche und dauerhafte Heilung von Erkrankungen zum Ziel hat. Vielmehr wird ein eher ganzheitlicher Ansatz verfolgt, bei dem möglichst wenig und schonend operativ eingegriffen und stets der Erhalt wichtiger Organfunktionen im Blick gehalten wird. Ist eine Operation nicht zu vermeiden, so wird diese nach Möglichkeit minimal-invasiv durchgeführt, etwa als laparoskopisches Verfahren, oder mithilfe von Lasern. Heute kommen auch immer öfter roboterassistierte Operationstechniken zum Einsatz, zum Beispiel bei der nierenerhaltenden Tumorchirurgie.

Revolution in der Frühdiagnostik

Bei Modernisierung und Neuentwicklung gilt es natürlich immer, Kosten und Nutzen abzuwägen, denn gerade neue Behandlungsmethoden oder Geräte sind zu Anfang meist teuer, während der Arzt nicht auf lange erprobte Erfahrungen zurückgreifen kann. Im Bereich der Operationen des Prostatakarzinoms etwa, das nach jüngsten Zahlen die häufigste Krebserkrankung und die dritthäufigste Todesursache bei Männern in Deutschland ist, revolutionierte die PSA-Bestimmung im Blut (prostataspezifisches Antigen) in den achtziger Jahren die Frühdiagnostik. „Früher war die Tastuntersuchung der Prostata über den Darm die einzige Früherkennung“, sagt Michael Sohn, Chefarzt der Urologie am Agaplesion Markus-Krankenhaus in Frankfurt am Main. „Heute wird ein Großteil der Operationen mittels robotergestützter laparoskopischer Technik durchgeführt. Auch die Bestrahlungstechniken wurden erweitert, etwa um die Protonentherapie oder Partikelbestrahlung.“

Prostatakrebs wächst nur langsam

Aktuell überschlügen sich nahezu Publikationen zu den Vorteilen der MRT-gestützten Fusions-Prostatabiopsie, sagt Sohn: „Mit dieser Biopsie können gezielt winzige Areale der Prostata anpunktiert werden. Es wird dann nach Möglichkeiten gesucht, diese Areale der Prostata gezielt zu zerstören, ohne die Gesamtdrüse zu entfernen.“ Das Problem aller dieser sogenannten fokalen Therapieformen sei jedoch, dass sich bei rund 50 Prozent aller radikalen OP-Präparate zusätzliches Tumorwachstum an anderen Stellen der Prostata entwickle, wo es zuvor bei der systematischen Biopsie als negativ befunden worden sei. Zugleich wachse Prostatakrebs häufig nur langsam, so dass es bei individuell günstiger Prognose auch denkbar sei, zugunsten einer engmaschigen Überwachung ganz auf eine Therapie zu verzichten. „Die Zukunft“, so der Urologe, „liegt in der Diagnostik und Therapie des Prostatakarzinoms in einer personalisierten individuellen Medizin.“ Neue Verfahren der Molekulardiagnostik und große Daten-Analysen aus medizinischen Studien würden in den nächsten Jahren eine Risikostratifizierung ermöglichen, meint Sohn: „Sie wird vielen Patienten eine minimierte und maßgeschneiderte Therapie bei Prostatakrebs ermöglichen.“

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