Erkrankungen

Urologie geht uns alle an

Von Mike Paßmann · 2014

 Ein älterer Mann und eine ältere Frau lächeln
Was viele überrascht: Ein Drittel aller Patienten eines Urologen sind Frauen.

Kranke Nieren, Inkontinenz, Probleme mit der Prostata und Blasensteine: Die Urologie ist ein weites Feld und mitnichten nur fürs männliche Geschlecht zuständig. Patienten profitieren von modernen Behandlungsmethoden. Und kaum eine andere medizinische Disziplin ist von so großem Vertrauen geprägt.

Urologie, das ist doch Männermedizin, oder? Zum Urologen gehen Männer, die keine Kinder mehr zeugen wollen, Probleme mit der Prostata oder, naja, der Potenz haben. Gefragt, würden sicher die meisten so antworten. Doch das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Denn ganz allgemein beschäftigt sich die Urologie „mit den Harn bildenden und Harn ableitenden Organen, also mit Niere, Harnblase, Harnleiter und Harnröhre“, wie es in einem medizinischen Lehrbuch heißt. Und diese körperlichen Gegebenheiten finden sich ja nun bei jedem Menschen – bei Männern, Frauen und natürlich Kindern. Urologische Probleme gehen uns alle an. Weswegen wir uns in dieser Veröffentlichung auf eine kleine Reise durch deren wichtigste Schauplätze in unserem Körper begeben wollen. Welche medizinischen Probleme treten auf? Wen betreffen sie? Und vor allem: Was kann die moderne Medizin gegen sie tun?

Viele Berührungspunkte

Zugegeben: Nur, weil es alle betrifft, ist eine Sache noch nicht gleich das Thema der Wahl, wenn es um Partykonversation geht. Und das Thema Urologie ist eben mit Scham besetzt. Es geht ja nicht nur um flüssige Ausscheidungen, sondern auch um Reproduktion und Sexualität. Umso wichtiger ist Aufklärung. Zum Beispiel über die Einordnung der Disziplin in die Medizin. Berührungen gibt es neben der Chirurgie mit einigen anderen Gebieten. Andrologie, also alles, was mit Männern zu tun hat, ist dabei nur ein, wenn auch sehr wichtiges Spezialgebiet der Urologie. Überschneidungen gibt es mit der Onkologie, etwa bei Prostatakrebs oder der Gynäkologie, etwa bei Erkrankungen des weiblichen Harnleiters: Gut ein Drittel aller Patienten eines Urologen sind Frauen! Nephrologische, also die Nieren betreffende, Aspekte der Arbeit des Urologen (und übrigens auch der Urologinnen) sind zum Beispiel Nierensteine oder Nierenkrebs. Auch Kinder gehören zu den Patienten. Neben ganz „normalen“ Problemen wie etwa Entzündungen geht es hier oft um angeborene Missbildungen, zum Beispiel der unvollständigen Anlage der Nieren, des Blasentrakts oder der Geschlechtsorgane. Spezielle Jungssachen wie Vorhautverengungen, Hodenhochstände und auch Beschneidungen landen ebenfalls beim Urologen.

Niere – die große Filterstation

Damit ist klar: Die Urologie ist ein breites Feld. Beginnen wir unsere Reise durch den „urologischen“ Teil des Körpers im oberen Stockwerk, bei den Nieren. Sie sind die große Filterstation unseres Körpers. Rund 300-mal am Tag reinigen sie das gesamte Blut unseres Körpers – bis zu 1.500 Liter Durchsatz können das sein. Rund 180 Liter Primärharn entsteht dabei, sozusagen das Produkt der ersten Filterstufe. Der Großteil des darin enthaltenen Wassers wird dem Körper zurückgegeben, ebenso wichtige Stoffe wie Zucker, Aminosäuren und Elektrolyte. Am Ende dieser großen Recyclingaktion bleibt etwa ein Liter Harn übrig, der ausgeschieden wird. Die Nieren sind damit auch für den Wasserhaushalt unseres Körpers zuständig. Darüber hinaus sind sie unter anderem an der Regulierung des Blutdrucks beteiligt, produzieren
Hormone und sind neben der Leber hauptverantwortlich für die Bildung von Zucker. Entsprechend vielfältig sind die Folgen von Erkrankung, die von Missbildungen über Entzündungen bis zum Krebs reichen. Eine fehlende oder eingeschränkte Nierenfunktion kann unter anderem zu Blutarmut, Flüssigkeitseinlagerungen – zum Beispiel mit der Folge einer verschlechterten Herzfunktion – und der Ansammlung schädlicher Abbauprodukte führen. Im schlimmsten Fall werden die Patienten dialysepflichtig – kommt es soweit, ist die Transplantation einer Spenderniere häufig die angestrebte Lösung.

Stein im Weg

Eine häufige Komplikation ist die Bildung von Nierensteinen aus kristallisiertem Harn. Sie schränken zum einen die Nierenfunktion ein, zum anderen wandern sie häufig in die Harnleiter, wo sie stecken bleiben und neben der Verlegung des Harnabflusses extreme Schmerzen verursachen können. Zum Glück ist gerade auf diesem Feld die Medizin sehr weit. Nieren- und Harnleitersteine können heute fast immer ohne Operation entfernt werden: Mit hochenergetischen Schallwellen werden sie zertrümmert und verlassen den Körper dann auf natürlichem Weg. Die Harnleiter verbinden die Nieren mit der Blase, die den Harn sammelt und sich bei entsprechendem Druck „meldet“. Von Erkrankungen der Blase können vor allem Frauen ein Lied singen. Vier von fünf Blasenentzündungen, so schätzt man, treten bei Frauen auf. Was an der deutlich kürzeren Harnröhre liegt, über die der Urin den Körper verlässt – Krankheitserreger habe es schlicht nicht so weit. Jedenfalls kommt es nicht selten vor, dass Frauen mit einer schweren Blasentzündung beim Urologen landen. Auch viele andere Probleme in diesem Bereich sind geschlechtsunabhängig. Inkontinenzprobleme etwa plagen beide Männer wie Frauen (wenn auch im Detail zuweilen aus unterschiedlichen Gründen), Blasenkrebs tritt bei beiden Geschlechtern auf. Auch die Behandlungsmethoden sind im Grunde ähnlich. Wird in diesem Bereich zum Beispiel operiert, kommen in der Regel minimalinvasive Methoden zum Einsatz. Gerade die urologische Chirurgie mit ihren komplizierten und kleinräumigen Verhältnissen hat historisch immer wieder zu Weiterentwicklungen schonender OP-Techniken beigetragen, die später auch in anderen Bereichen zum Tragen kamen.
Bewegen wir uns weiter auf unserer Reise, gehen die Geschlechter allerdings doch getrennte Wege. Urologen werden dann zu Andrologen, dem Gegenstück zum Gynäkologen. Dabei geht es dann um alles, was mit der männlichen Sexualität und den Fortpflanzungsorganen zu tun hat. In der öffentlichen Wahrnehmung sind es zwei Themen, die dieses Feld beherrschen: Probleme mit der Prostata und Probleme mit der Erektion. Prostatakrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Männern: Bei mehr als 70.000 Männern wird er jedes Jahr neu diagnostiziert, rund 12.700 sterben im gleichen Zeitraum daran. Vor allem bei älteren Männern tritt er auf – und unterscheidet sich in Aggressivität und Ausprägung oft erheblich. Mittlerweile gibt es sehr ausgefeilte Diagnose- und Therapieformen, die immer mehr Männern zu einem guten Leben mit dieser Krankheit und sogar zur vollständigen Heilung verhelfen. Neue Bestrahlungsmethoden etwa wirken zielgerichteter und schonen umliegendes Gewebe, Bedeutung und Interpretation des psa-Wertes finden immer differenzierter statt. Allerdings gilt: Regelmäßige Vorsorge ist ein Muss. Gerade hier zeigt sich, wie segensreich die gute Versorgung mit Urologen in Deutschland ist. Wünschenswert wäre, dass mehr Männer die Möglichkeit nutzen.

Zuständig fürs beste Stück

Und an sie sollte Mann sich auch vertraulich wenden, wenn die sexuelle Leistungsfähigkeit zurückgeht. Nach wie vor ein Tabuthema, das aber hier als erste Anlaufstelle am besten aufgehoben ist. In der urologischen Praxis wird geklärt, ob es sich um physische oder psychische Probleme handelt, werden Möglichkeiten der medikamentösen oder chirurgischen Behandlung aufgezeigt. Gleiches gilt natürlich für sonstige Probleme mit dem besten Stück – von Missbildungen bis zur Entzündung oder der schnellen chirurgischen Hilfe bei Verletzungen. Zuletzt geht es in der Urologie auch um die männliche Zeugungsfähigkeit und die entsprechenden organischen und physiologischen Grundlagen. Das sind neben funktionierenden Samenleitern vor allem die Hoden. Doch nicht nur, ob sie in ausreichender Zahl Spermien produzieren, prüfen Urologen, sie kümmern sich auch um Erkrankungen wie Hodenkrebs oder Hodenfehlstellungen.

Vertrauenssache

Klarer Fall: In der Urologie geht es in vielerlei Hinsicht um sehr persönliche und sehr grundlegende Dinge. Noch wichtiger als bei anderen Fachärzten ist da das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten sowie die Zufriedenheit mit der Behandlung. Und da können sich die Urologinnen und Urologen in Deutschland auf die Schulter klopfen.
Die neuesten Patientenumfragen der Krankenkassen ergeben, dass 87 Prozent der Patienten ihren Urologen weiterempfehlen würden. Damit liegt die Disziplin deutlich über der durchschnittlichen Weiterempfehlungsrate bei Fachärzten von 76 Prozent. Urologie geht alle an – diesen Auftrag nehmen ihre Vertreter ganz offensichtlich ernst.

Quelle: IGES, 2012
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